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Montag, Â 13. Mai 2013 Â / von Ulrike Dorothee Hansen
Fasziniert von der Unterschiedlichkeit der Menschen
BERUF Ein guter Beobachter: Business-Fotograf Michael von Haugwitz ĂŒber seinen Werdegang, seinen Erfolg und das Geheimnis des Portraitierten.
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WIESBADEN. Michael von Haugwitz beginnt 1976 eine klassische Fotografenlehre beim Fotostudio Werneke in Wiesbaden. Nach der Ausbildung sammelt Michael von Haugwitz zwei Jahre lang erste Erfahrungen als freiberuflicher Fotograf und arbeitet auch fĂŒr ein Luftbild-Unternehmen.
1981 ruft ihn die Bundeswehr. Nach dem Grundwehrdienst entscheidet er, auf Zeitsoldat zu verlĂ€ngern: er wird dort mit Sonderaufgaben aus seinem Berufsfeld betraut â landeskundliche Aufnahmen aus dem Hubschrauber.
ZurĂŒck im zivilen Leben, entscheidet er sich gegen ein eigenes Fotostudio â er möchte die Menschen in ihrer Umgebung kennen lernen und fotografieren. Mit dieser Klarheit erstellt er eine Mappe mit ausgewĂ€hlten Arbeiten, prĂ€sentiert sich damit bei Unternehmen. Seinen ersten groĂen Auftrag erhĂ€lt er 1985 bei der Degussa in Frankfurt am Main â Portraits der Vorstandsmitglieder und Fotos fĂŒr den GeschĂ€ftsbericht. Es folgen AuftrĂ€ge bei der Deutschen Bank. Er wird Hausfotograf beim Verband Deutsche Automobilindustrie (VDA). Vieles andere entwickelte sich. Da das Geld zum Leben noch nicht reicht, arbeitet er nachts mit seinem SchĂ€ferhund bei einem Sicherheitsdienst. Der heute 53-JĂ€hrige ist Vater von drei Kindern.
INTERVIEW
Herr von Haugwitz, Sie sind seit mehr als zwanzig Jahren selbstĂ€ndig als Business-Fotograf â wie genau entstand der Wunsch, Fotograf zu werden? Gibt es eine SchlĂŒsselsituation?
Da muss ich mit meiner Mutter anfangen. Sie war extrem kreativ, eine wunderbare Malerin. Wenn sie mir in der Natur etwas erklĂ€rt hat, hat sie gleichzeitig gezeichnet. Davon angeregt, begann auch ich zu zeichnen: einzelne GliedmaĂen, HĂ€nde, Gelenke, Gesichter. Portraits wollten mir nicht so recht gelingen, ich war stĂ€ndig unzufrieden mit dem Ergebnis. Mein Bruder sagte irgendwann zu mir als ich 13 oder 14 war: Die Fotografie â das wĂ€re doch etwas fĂŒr Dich. So fing es an.
Die Reaktion Ihrer Eltern damals?
Meine Eltern waren beide vollkommen einverstanden. Ihre Haltung war ermutigend: »Mach das, wenn es Dir Freude bereitet. Ich glaube, sie haben mir auch zugetraut, dass ich damit Geld verdiene.
Man hat ja als junger Mensch bei der Berufswahl bestimmte Vorstellungen von einem Beruf â haben sich Ihre Vorstellungen in der Praxis erfĂŒllt?
Ja, 100 % – ich kann mir heute ein Leben ohne Kamera nicht vorstellen, bin immer neu fasziniert von den Möglichkeiten, die sich mir in meinem Beruf eröffnen. Durch meine fotografischen AuftrĂ€ge habe ich den gröĂten Teil der Welt bereist, viele Prominente portraitiert wie z.B. Nelson Mandela, den Philosophen Sir Karl Raimund Popper, Tiger Woods oder Andrew Lloyd Webber. NatĂŒrlich erlebt man als Fotograf auch Höhen und Tiefen, das ist normal. Es gab Zeiten, da wurde viel Geld verdient, habe aber auch schon erlebt, wenige AuftrĂ€ge zu haben.
Ihre aktuellen BetĂ€tigungsfelderâŠ
Business-Fotograf und Portraits von ganz unterschiedlichen Unternehmen sind ein wesentlicher Teil meiner Arbeitswelt. Der Mensch steht dabei immer im Fokus. Ob spektakulĂ€re Events, Golfsport- oder Familienereignisse, Familienportraits fĂŒr Biografien oder als Geschenk fĂŒr einen lieben Menschen – ich fotografiere den Menschen in seinem beruflichen Umfeld, auf Reisen oder ganz privat.
Was ist das Faszinierende an Ihrer Arbeit?
Die Abwechslung. Es fasziniert mich, die Unterschiedlichkeit von Menschen zu erfahren: wie ein Mensch lebt, wofĂŒr er sich interessiert, welches Niveau, welcher Geschmack â nichts regt mich ĂŒbrigens mehr auf als schlechte Kleidung. Ich mag es gerne vielfĂ€ltig, fĂ€nde es langweilig, wenn alle gleich aussehen wĂŒrden. Es macht mir groĂes VergnĂŒgen, in einem CafĂ© zu sitzen und Menschen zu beobachten. Es ist mein Beruf ein guter Beobachter zu sein, deshalb gelingen mir immer wieder besondere Menschenbilder.
Ein schönes Erlebnis, eine skurrile Situation, an die Sie sich gern erinnernâŠ
Ich habe fĂŒr âJugend forschtâ in der Schweiz fotografiert. Von ZĂŒrich aus nahm ich die erste Maschine um 7.00 Uhr zurĂŒck nach Frankfurt. Ich bestieg die Swiss-Air- Maschine und setzte mich auf meinen Gangplatz. Neben mir in der Mitte las ein Herr im hellen Anzug Zeitung, vor ihm stand ein Glas Orangensaft. Als ich mich aus meinem Sitz erhob, geschah das Unfassbare: Mit dem Sakko fegte ich meinem Nachbarn das volle Glas ĂŒber die Kleidung. Der Schreck, die NĂ€sse und der böse Blick lieĂen meine Entschuldigungsversuche klĂ€glich scheitern. Sofort eilten zwei Stewardessen herbei, halfen Ihm aus dem Sitz und platzierten ihn weit genug weg von mir.
Alle Versuche, mit ihm ins GesprĂ€ch zu kommen, schlagen fehl. Erst nach der Landung â er will gerade seinen Aktenkoffer aus dem GepĂ€ckfach holen â begegnen sich fĂŒr Sekunden unsere Blicke. In gleichen Moment fĂ€llt aus seinem unverschlossenen Aktenkoffer alles Mögliche in die Kabine, was er nur trocken mit der Bemerkung kommentiert: âHeute ist nicht mein Tag, ich fliege sofort zurĂŒck.â
Inwieweit erschlieĂt sich dem Fotografen bei Portraits das Geheimnis eines Menschen?
Das ist die Frage â will der Fotograf das wissen? Es gibt dabei den Respekt, dass man dem GegenĂŒber nicht alles entlockt, ihm sein Geheimnis lĂ€sst. Das Einzige, das ich gerne entlocke ist, dass der Mensch offen und zugĂ€nglich wird. Das geht am besten mit Gelassenheit.
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Ihrer Referenzliste entnehme ich, dass Sie sehr erfolgreich sind â wie gehen Sie mit Misserfolgen um?
Wenn die Entwicklung mal nach unten geht, muss man das aushalten können. Ich habe gelernt, konstruktiv damit umzugehen: es als Raum fĂŒr neue Ideen zu erkennen und zu nutzen.
Welche Werte sind Ihnen wichtig?
Respekt, Vertrauen, QualitĂ€t, Ăsthetik, BegeisterungsfĂ€higkeit.
Was macht Sie nachdenklich? Was empört Sie?
Es gibt es einiges was mich nachdenklich macht, aber das wĂŒrde den Rahmen sprengen. Der Flughafenbau Berlin Brandenburg. Das deutsche Fernsehprogramm: zu 90 % extreme Gewalt, illusionĂ€re Darstellung von Familie und Beziehung. Es empören mich das ganze Theater um den Euro und der wiederholte Erfolg von einem Politiker wie Berlusconi.
Erschreckend ist fĂŒr mich unsere schlechte ErnĂ€hrung, Fast Food und minderwertige Lebensmittel, ein Skandal jagt den anderen. Ganz allgemein empören mich Missachtung, Unhöflichkeit und RĂŒcksichtslosigkeit.
Gibt es noch (berufliche) TrÀume, die Sie verwirklichen möchten?
Ganz klar â ich möchte in jedem Fall mein Wissen, meine Erfahrung an einen Kreis von Menschen weitergeben, die Interesse an Fotografie haben. Dazu biete ich Fotoreisen und Kurse an.
Was raten Sie einer jungen Frau, einem jungen Mann, die sich als freie Fotografen selbstÀndig machen möchten?
Man muss als Fotograf seine Nische finden, sich von anderen abheben, zuverlĂ€ssige QualitĂ€t bieten und genau wissen, wo die eigenen Grenzen sind. Das heiĂt, sich mit seinen besonderen FĂ€higkeiten und Grenzen realistisch einschĂ€tzen zu lernen. Und in der Konsequenz bedeutet das: Es gibt AuftrĂ€ge, die man besser ablehnt, um nicht langfristig seinem Ruf zu schaden. Und sie sollten das Buch âErfolg als Fotografâ von Dr. Martina Mettner lesen.
Höflichkeit und gute Umgangsformen sind wesentliche TĂŒröffner. Man sollte sich auf jedem Parkett angemessen bewegen können. Zum Respekt gegenĂŒber dem Auftraggeber gehört auch, sich in der Kleidung dem Ereignis, der Situation anzupassen. Ist eine Gesellschaft in festlicher Garderobe, stelle ich mich selbstverstĂ€ndlich mit meiner Kleidung darauf ein.
Das Interview fĂŒhrte Ulrike Dorothee Hansen
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